Betreuung

Gesetzliche Grundlagen - Betreuen statt entmündigen

§ 1821 Pflichten des Betreuers; Wünsche des Betreuten

(1) 1Der Betreuer nimmt alle Tätigkeiten vor, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen. 2Er unterstützt den Betreuten dabei, seine Angelegenheiten rechtlich selbst zu besorgen, und macht von seiner Vertretungsmacht nach § 1823 nur Gebrauch, soweit dies erforderlich ist.

(2) 1Der Betreuer hat die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, dass dieser im Rahmen seiner Möglichkeiten sein Leben nach seinen Wünschen gestalten kann. 2Hierzu hat der Betreuer die Wünsche des Betreuten festzustellen. 3Diesen hat der Betreuer vorbehaltlich des Absatzes 3 zu entsprechen und den Betreuten bei deren Umsetzung rechtlich zu unterstützen. 4Dies gilt auch für die Wünsche, die der Betreute vor der Bestellung des Betreuers geäußert hat, es sei denn, dass er an diesen Wünschen erkennbar nicht festhalten will.

(3) Den Wünschen des Betreuten hat der Betreuer nicht zu entsprechen, soweit

  1. die Person des Betreuten oder dessen Vermögen hierdurch erheblich gefährdet würde und der Betreute diese Gefahr aufgrund seiner Krankheit oder Behinderung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann oder
  2. dies dem Betreuer nicht zuzumuten ist.
     

(4) 1Kann der Betreuer die Wünsche des Betreuten nicht feststellen oder darf er ihnen nach Absatz 3 Nummer 1 nicht entsprechen, hat er den mutmaßlichen Willen des Betreuten aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln und ihm Geltung zu verschaffen. 2Zu berücksichtigen sind insbesondere frühere Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betreuten. 3Bei der Feststellung des mutmaßlichen Willens soll nahen Angehörigen und sonstigen Vertrauenspersonen des Betreuten Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden.

(5) Der Betreuer hat den erforderlichen persönlichen Kontakt mit dem Betreuten zu halten, sich regelmäßig einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen und dessen Angelegenheiten mit ihm zu besprechen.

(6) Der Betreuer hat innerhalb seines Aufgabenkreises dazu beizutragen, dass Möglichkeiten genutzt werden, die Fähigkeit des Betreuten, seine eigenen Angelegenheiten zu besorgen, wiederherzustellen oder zu verbessern.
 

Das 1992 in Kraft getretene Betreuungsgesetz (§ 1814 - 1881 BGB) hat das Vormundschafts- und Pflegschaftsrecht abgelöst und wurde zum 01.01.2023 noch einmal grundlegend reformiert.

  • Die Rechte der Betroffenen werden gestärkt.
  • Sie erhalten mehr Möglichkeiten der Selbstbestimmung und Mitsprache.
  • Wünsche der betreuten Personen stehen im Vordergrund.
  • Grundsätzlich bleibt  die Geschäftsfähigkeit erhalten, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist.
  • Eine generelle Entmündigung gibt es nicht mehr.
  • Die Betreuung soll persönlich geführt werden, d.h. der Betreuer soll regelmäßigen Kontakt zur betreuten Person pflegen.
  • Die Betreuung umfasst nur bestimmte festgelegte Aufgabenbereiche und ist zeitlich befristet.
  • Es erfolgt eine regelmäßige Überprüfung der Erforderlichkeit und
  • eine Kontrolle des Betreuers durch das Amtsgericht.
     

Voraussetzungen

§ 1814 BGB Voraussetzungen

(1) Kann ein Volljähriger seine Angelegenheiten ganz oder teilweise rechtlich nicht besorgen und beruht dies auf einer Krankheit oder Behinderung, so bestellt das Betreuungsgericht für ihn einen rechtlichen Betreuer (Betreuer).

(2) Gegen den freien Willen des Volljährigen darf ein Betreuer nicht bestellt werden.

(3) 1Ein Betreuer darf nur bestellt werden, wenn dies erforderlich ist. 2Die Bestellung eines Betreuers ist insbesondere nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen

  1. durch einen Bevollmächtigten, der nicht zu den in § 1816 Absatz 6 bezeichneten Personen gehört, gleichermaßen besorgt werden können oder
  2. durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, erledigt werden können, insbesondere durch solche Unterstützung, die auf sozialen Rechten oder anderen Vorschriften beruht.


(4) 1Die Bestellung eines Betreuers erfolgt auf Antrag des Volljährigen oder von Amts wegen. 2Soweit der Volljährige seine Angelegenheiten lediglich aufgrund einer körperlichen Krankheit oder Behinderung nicht besorgen kann, darf ein Betreuer nur auf Antrag des Volljährigen bestellt werden, es sei denn, dass dieser seinen Willen nicht kundtun kann.

(5) 1Ein Betreuer kann auch für einen Minderjährigen, der das 17. Lebensjahr vollendet hat, bestellt werden, wenn anzunehmen ist, dass die Bestellung eines Betreuers bei Eintritt der Volljährigkeit erforderlich sein wird. 2Die Bestellung des Betreuers wird erst mit dem Eintritt der Volljährigkeit wirksam.
  

Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung:

  • Volljährigkeit
  • Unfähigkeit des / der Betroffenen, seine / ihre Angelegenheiten zu regeln
  • Medizinische Voraussetzungen: Körperliche, geistige oder seelische Behinderung oder psychische Erkrankung
  • Erforderlichkeit und Subsidiarität (nur so weit nötig und sofern keine anderen Hilfsmittel greifen)
  • Nur wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, kann eine Betreuung eingerichtet werden